Objekt des Monats

Hier stellen wir Ihnen jeden Monat ein Objekt aus der Stadtkirche St. Peter und Paul vor, das sich nicht immer auf den ersten Blick erschließt. So lernen Sie unsere Kirche auch dann besser kennen, wenn Sie meinen, schon alles gesehen zu haben.

März

2025

April

Mai

Juni

Objekt des Monats März 2025

An der Westwand der Turmhalle befinden sich, seit dem Umbau von St. Peter und Paul in den Jahren 1877 bis 1880, die Reste der Renaissancekanzel vom Ende des 16. Jahrhunderts. Dieser Predigtstuhl ist das Einzige, was vom Renaissancegestühl der Kirche erhalten geblieben ist. Über dem Kanzelkorb befindet sich an der Wand unser Objekt des Monats. Es handelt sich um ein aus Holz geschnitztes Christkind, also eine Darstellung des etwa einjährigen Jesusknaben.

 

Diese Art der Darstellung ist seit dem frühen 14. Jahrhundert vor allem aus Nonnenklöstern bekannt. Seit dem 15. Jahrhundert ist die Darstellung des stehenden, segnenden und nackten kindlichen Heilands häufiger und seit der Barockzeit fast überall in Europa anzutreffen. Unser Christkind entspricht in allen Einzelheiten dem seit dem 15. Jahrhundert verbreiteten Typus des kindlichen Weltenheilands: nackt, auf einem Sockel stehend, das Spielbein leicht nach vorne gesetzt, segnend, lächelnd, mit Ringellöckchenfrisur, meist die Weltkugel in der Linken haltend und zwischen 20 und 50 cm hoch.

 

Als einziges Kleidungsstück trägt unser Christkind einen goldenen Mantel um die Schultern. Leider sind Zeige-, Mittelfinger und Daumen der segnenden rechten Hand sowie der linke Unterarm durch Holzwurmbefall verloren gegangen. So lässt sich nicht mehr zweifelsfrei feststellen, ob unser Christkind einst mit der linken Hand die Weltkugel hielt. Von anderen Darstellungen ist auch die Dornenkrone, oft zusammen mit Nägeln, als Hinweis auf die Passion bekannt. Die Weltkugel ist aber in unserem Fall am wahrscheinlichsten, worauf auch die Beschädigung an der linken Brust hindeutet, denn dort lag wohl ursprünglich die Weltkugel an.

 

Das Christkind als Andachtsbild ist jedoch nicht mit dem Christkind zu verwechseln, welches der Reformator Dr. Martin Luther um 1535 als gabenbringende Alternative zum Heiligen Nikolaus bestimmte. Als Ironie der Geschichte kann betrachtet werden, dass das ursprünglich lutherische gabenbringende Christkind heute in römisch-katholischen Gegenden weitverbreitet ist, während das Christkind in eher protestantischen Gegenden durch den von der Coca-Cola-Company finalisierten Weihnachtsmann nahezu vollständig verdrängt wurde.

Objekt des Monats April 2025

Das Objekt des Monats April 2025 zeigt einen Ausschnitt aus einer Tafelmalerei des ehemaligen Hochaltarretabels an der Westwand des Nordschiffs. Dargestellt ist eine Szene des letzten Abendmahls wie sie vom Evangelisten Johannes beschrieben wird:

 

„Als Jesus das gesagt hatte, wurde er erregt im Geist und bezeugte und sprach: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Einer unter euch wird mich verraten. Da sahen sich die Jünger untereinander an, und ihnen wurde bange, von wem er wohl redete. Es war aber einer unter seinen Jüngern, der zu Tische lag an der Brust Jesu, den hatte Jesus lieb. Dem winkte Simon Petrus, dass er fragen sollte, wer es wäre, von dem er redete. Da lehnte der sich an die Brust Jesu und fragte ihn: Herr, wer ist's? Jesus antwortete: Der ist's, dem ich den Bissen eintauche und gebe. Und er nahm den Bissen, tauchte ihn ein und gab ihn Judas, dem Sohn des Simon Iskariot. Und nach dem Bissen fuhr der Satan in ihn. Da sprach Jesus zu ihm: Was du tust, das tue bald! Niemand am Tisch aber wusste, wozu er ihm das sagte. Denn einige meinten, weil Judas den Beutel hatte, spräche Jesus zu ihm: Kaufe, was wir zum Fest nötig haben!, oder dass er den Armen etwas geben sollte. Als er nun den Bissen genommen hatte, ging er alsbald hinaus. Und es war Nacht.“ | Joh 13,21-30

 

In der vorliegenden Abbildung ist am oberen Bildrand die Hand Jesu erkennbar, welche Judas den Bissen reicht, während der Satan in diesen fährt. Die nachfolgenden Ereignisse sind unausweichlich und zwingend notwendig, um die Erfüllung des Wortes und des Heilsplans GOTTES zu gewährleisten.

 

Die Figur des Judas Iskariot ist seit jeher Gegenstand kontroverser Diskussionen. Im Kern dieser Kontroverse steht die Frage, ob die Tat des Judas als 'Verrat' oder als 'Übergabe', als negative oder positive Handlung, zu deuten ist. War Judas ein Antagonist Jesu oder war seine Handlung für den göttlichen Heilsplan essenziell und wie wirkten sich Prädestination und der freie Wille des Menschen aus? Hatte Judas eine andere Wahl? Die Konsequenzen eines alternativen Handelns des Judas sind unvorstellbar.

 

Dennoch wird überwiegend ein negatives Bild gezeichnet. Diese negative Darstellung beginnt bereits in den Evangelien. Später wurde die Tat des Judas als Rechtfertigung für Hass und Hetze gegen Juden genutzt. Im Jahr 160 n. Chr. trieb Bischof Meliton von Sardes das Ganze mit der Behauptung, Gott sei ermordet worden, auf die Spitze. Seither diente diese behauptete Kollektivschuld der Juden am 'Gottesmord' als Leitbild des Antisemitismus. Auch Luther bediente sich dieses Motivs und es dauerte bis 1945, dass die Kirchen damit begannen, diese Heterodoxie zu bekämpfen.

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